[Chemnitz] Im Juli 2024 feiert das Suchtberatungszentrum Chemnitz sein 30-jähriges Bestehen. Am 1. Juli 1994 wurde die „Suchtberatungs- und Behandlungsstelle (SBB) des Advent-Wohlfahrtswerkes“ staatlich anerkannt.
Die Wurzeln der Suchtberatung des AWW in Sachsen reichen etwa 50 Jahre zurück. Anfang der 70iger Jahre begannen Mitglieder der Adventgemeinde Karl-Marx-Stadt mit der Arbeit in der Suchthilfe. Damals gab es Hilfs- und Unterstützungsangebote für Alkohol- und Medikamentenabhängige außerhalb der wenigen staatlichen Psychiatrischen Kliniken nur durch die kirchliche Suchtkrankenhilfe der Inneren Mission und dem „Blauen Kreuz“. Zwar wurde in der DDR viel Alkohol getrunken, aber Alkoholismus war ein Tabu-Thema und lief darum unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung.
Nach der Wende ergab sich im November 1991 die Möglichkeit, aus der schon sein 20 Jahren bestehenden Suchthilfe-Gruppenarbeit eine Kontaktstelle mit einer dreiviertel Personalstelle zu gründen. 1994 wurde die Kontaktstelle zum Suchtberatungszentrum des AWW, einer von drei anerkannten Suchtberatungs- und Behandlungsstellen in Chemnitz.
„In den zurückliegenden Jahrzehnten gab es viele Veränderungen, besondere Projekte und immer wieder drängende Herausforderungen. Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit hat sich zunehmend in die Drogensucht verschoben. Spielsucht wurde ebenfalls ein Beratungszweig der SBB“, erzählt Kerstin Knorr, seit 1999 Leiterin der Einrichtung. „Ab 1995 erfolgte für einige Jahre auch die Suchtberatung im Strafvollzug Chemnitz. 1997 kam die ‚Alkohol- und Drogenberatung für russische Spätaussiedler und jüdische Emigranten‘ hinzu für die eine spezielle Fachkraft angestellt werden musste.“
Aber nicht nur Beratung und Therapie für Betroffene stehen im Programm der SBB. Zum Angebotsprofil gehört ebenso die Beratung von Angehörigen, Multiplikatoren-Schulungen in der innerbetrieblichen Suchtkrankenhilfe von Firmen (z.B. VW in Chemnitz und der Bundespolizei in Chemnitz u.a.) und Weiterbildungsveranstaltungen für Sozialarbeiter und gesetzliche Betreuer im Rahmen der Suchtkrankenhilfe. Als Nebeneffekt werden dadurch die erforderlichen Eigenmittel zur Finanzierung der Einrichtung erwirtschaftet.
Derzeit arbeiten in der Einrichtung 6 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Zahl der Hilfedürftigen in der Gesellschaft wird nicht weniger – im Gegenteil. Weniger werden allerdings die von Land und Kommune bereitgestellten Finanzmittel, obwohl Suchtberatung zu den sogenannten Pflichtaufgaben einer Kommune gehört. Wie der Spagat zwischen Bedarf und Ressourcen zu schaffen sein wird, gehört zu den Herausforderungen der Einrichtung und seines Trägers.
Das Suchtberatungszentrum in Chemnitz ist bundesweit die einzige Einrichtung dieser Art im AWW. In Schwedt/Oder gibt es noch eine Kontaktstelle für Menschen mit Suchterkrankungen. Außerdem sind etwa 10 Sucht-Selbsthilfegruppen in Sachsen und Berlin-Brandenburg Anlaufstellen für Menschen mit Suchtproblemen.