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Spielsucht lässt sich nicht mit Lockdown bekämpfen

Quelle: © stock.adobe.com | gstockstudio

Die geschlossenen Spielhallen und Casinos seien Segen und Fluch zugleich. Spielsüchtige müssten wegen Corona nun gezwungenermaßen den Spielautomaten fernbleiben. Sie würden dadurch aber keineswegs ihren Lebensstil ändern.

So war es am 01.02.2021 in der „Freie Presse“ in Sachsen in einem Artikel von Ralf Hübner mit dem Titel „Gefahr der Spielsucht bleibt in Corona-Zeiten hoch“ zu lesen. Im Folgenden beziehen wir uns auf diesen Artikel und zitieren daraus.

Der Lockdown gewöhnt Spielsüchtigen auch deshalb das Spielen nicht ab, weil es sich ja nicht nur um ein problematisches Verhalten handelt, sondern weil dahinter eine ausgewachsene Sucht steckt. Und Spielsucht ist seit 2004 eine anerkannte Krankheit. Da hat sich allerdings noch nicht überall herumgesprochen, weder bei den Spielsüchtigen selbst noch bei deren Angehörigen. Sie finden da aus eigener Kraft kaum wieder heraus, sondern brauchen dringend professionelle Hilfe. Als pathologisch spielsüchtig gilt, wer die Kontrolle über sein Spielverhalten verloren hat und damit trotz hoher finanzieller Verluste und sozialer Probleme nicht aufhören kann. „Das Glücksspiel wird Lebensmittelpunkt. Familie, Beruf, andere Interessen werden vernachlässigt“, sagt Olaf Rilke, Leiter der Sächsischen Landesstelle gegenüber der Freien Presse.

Etwa jeder vierte Süchtige habe mehr als 25.000 € Spielschulden, so Rilke. Zwar sei die Zahl gegenüber Alkohol- und Drogenabhängigen noch vergleichsweise gering, aber eine steigende Tendenz ist unverkennbar. Damit steigt auch der Druck auf die Gesellschaft, dem Phänomen Glückspielsucht nicht tatenlos zuzusehen oder es auszusitzen, zumal der Zugang dazu immer leichter und das Lebensalter der Einsteiger immer niedriger wird.

Da auch Casinos und Spielhallen im Lockdown geschlossen haben, weichen natürlich auch Spielsüchtige auf Online-Glückspiele aus. Auch die Online-Gaming-Nutzungszeiten überwiegend jüngerer Spieler haben sich signifikant erhöht. Dies mag vielleicht noch kein Riesenproblem wie das der Drogensucht sein, kann es aber durchaus werden. Im vergangenen Jahr hat sich der Leidensdruck auf Betroffene offensichtlich so verstärkt, dass sich die Anträge auf eine stationäre Therapie mehr als verdoppelt hat.

Es ist wichtig, dass Angebote der Suchtberatung trotz der Pandemiebeschränkungen erhalten bleiben. Die Suchtberatungsstelle des Advent-Wohlfahrtswerkes in Chemnitz ist auf die Beratung von spiel- und mediensüchtigen Klienten spezialisiert.

Bereits im November 2020 hatte die Freie Presse über mögliche Mittelkürzungen für Suchtberatungsstellen berichtet. Wir hatten den Beitrag an dieser Stelle übernommen [hier].

Nun ist es traurige Gewissheit, dass 17.000 € der Zuwendungen von Land und Kommune gestrichen werden, was die Reduzierung um fast eine halbe Planstelle bedeutet. Dabei gehört die Suchtkrankenhilfe zu den Pflichtaufgaben der Kommune. Die Kürzungen betreffen nicht nur Spielsüchtige, sondern auch Alkohol- und Drogenabhängige, Medikamentenabhängige und depressive Klienten die nun weniger therapeutische Hilfe erhalten können. Das ist gerade in Krisenzeiten fatal, weil sich die Probleme ja nicht in den häuslichen Bereich wegsperren lassen, sondern deutlicher hervortreten, sich verschärfen und nicht selten erst dadurch entstehen. So können z.B. auch Präventionsveranstaltungen nicht mehr stattfinden, Selbsthilfegruppen und Arbeitskreise müssen ruhen. Der so wichtige soziale Kontakt kommt zu kurz und macht Suchtkranke noch kränker.

„Wir werden dennoch weiter für unsere Suchtkranken da sein, aber es wird Einschränkungen geben und Wartezeiten werden bei uns wieder an der Tagesordnung sein. Soforthilfe wird es nur im Krisenfall geben können“, so Kerstin Knorr, Leiterin der Suchtberatungsstelle des AWW in Chemnitz. Und weiter meint sie: „Wir können nur hoffen, dass wenigstens die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Suchtberatungszentrum gesund bleiben und sich durch die negativen Signale der Mittelkürzung seitens der Politik ausgerechnet bei denen, die es am dringendsten benötigen, nicht runterziehen lassen. Soweit es an uns ist, wollen wir getreu unserem Motto im AWW weiterhin den Menschen „wirksam helfen - sozial handeln.“