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Mehr soziale Verantwortung durch weniger soziale Kontakte?

[Hannover/(Berlin]   11.03.2020     Das Advent-Wohlfahrtswerk wird den Anweisungen und Maßnahmen in den jeweiligen Bundesländern zur Eindämmung der Corona-Krise folgend seine Kitas in Bayern und in Berlin sowie eine Schule in Oranienburg ab der kommenden Woche bis auf weiteres schließen. Außerdem werden Veranstaltungen bis einschließlich 19. April, z.T. auch bis 30. April abgesagt. Zu ihnen gehören u.a. die Begegnungstage der Suchtkrankenhilfe in Berlin im März und in Leipzig im April aber auch eine Reihe von Arbeitstagungen, Begegnungen und Aktivitäten von Fachgruppen, Gremien und Helferkreisen. Es geht dabei darum, alle nicht unbedingt erforderlichen Aktivitäten mit größeren sozialen Kontakten vorerst ruhen zu lassen oder – wo es notwendig scheint – auf ein Minimum zu reduzieren. „Wir müssen in diesen Tagen lernen, dass verantwortliches und solidarisches Handeln auch bedeuten kann, soziale Kontakte zu meiden“, so Michael Götz, AWW-Landesleiter in Berlin-Brandenburg und Mitteldeutschland. "Das ist eine neue Lernerfahrung, die sich mit dem Selbstverständnis und Auftrag eines christlichen Sozialwerkes auf den ersten Blick nicht zu vertragen scheint", meint Michal Götz und fragt weiter: „Was wird zum Beispiel aus Menschen, die auf den Empfang von Nahrungsmitteln aus unseren Lebensmittelausgabestellen angewiesen sind? Das ist ein Dilemma und wir haben nur die Wahl zwischen Übeln.“ So müssen Einrichtungen der Altenhilfe z.B. vorsorglich die Besucherkontakte der alten Menschen auf ein unbedingtes Minimum begrenzen, um die Bewohner vor Ansteckung mit dem neuen Corona-Virus soweit wie möglich zu schützen. Noch problematischer ist die Abwägung „des kleineren Übels“ in den Hospizen. Besucherkontakte zu beschränken würde hier ja bedeuten, die so wichtigen Kontakte von Menschen zu ihren Angehörigen in deren letzten Lebenstagen unterbinden zu wollen. Das geht eigentlich gar nicht. Andererseits könnten solche Kontakte zu Infektionen und für derart geschwächte Menschen erst recht zum vorzeitigen Tod führen. Wer trägt dafür am Ende die Verantwortung? Das sind nur einige der vielen Fragen, vor die sich die Gesellschaft in diesen Tagen und Wochen gestellt sieht.
Immer geht es bei aller notwendigen Berücksichtigung und Einhaltung behördlicher Maßnahmen auch darum, in eigener Verantwortung und vor Ort das Für und Wider der Einstellung oder eines Weiterbetriebes gründlich abzuwägen, die Folgen für Mitarbeiter/-innen und Klientinnen und Klienten zu bedenken und auf dieser Basis eine Entscheidung zu treffen.
„In diesen Tagen lernen wir einmal mehr, dass scheinbare Selbstverständlichkeiten alles andere als selbstverständlich sind. Dies kann auch eine heilsame Erfahrung sein – trotz aller Unwägbarkeiten und Unsicherheiten, die diese Lage für uns alle mit sich bringt“, gibt Michael Götz zu bedenken.