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Advent-Wohlfahrtswerk bildet Hospizhelfer in Japan aus

Bild: ©AWW - Aristide Proksch (Koordinator AWW Hospiz Berlin e.V. mit Frau Yokoyama (Ato-Kai)

[Berlin] – 23.01.2020   „Alles begann mit einer E-Mailanfrage einer japanisch-deutschen Agentur: ‚Können Sie einer japanischen Delegation alles über ambulante Hospizarbeit mitteilen und anschließend Fragen beantworten? Das Ganze soll in drei Stunden passieren.‘“ berichtet Aristide Proksch, Koordinator eines ambulanten Hospizdienstes in Berlin, und sagte kurzentschlossen zu, ohne genau zu wissen, was da auf ihn zukommt.
Eine Delegation von 18 japanischen Ärzten, Journalisten, Professoren, Krankenkassenvertretern und Unternehmern aus dem sozial-pflegerischen Bereich war zu einer dreitägigen Erkundungsreise durch Deutschland unterwegs und besuchte verschiedene stationäre Pflegeeinrichtungen. Ihr besonderes Interesse galt der Hospizarbeit. Man wollte in Erfahrung bringen, wie genau das in Deutschland organisiert ist und wie es finanziert wird. Weil die Webseite so ansprechend gewesen sei, habe man den ambulanten Hospizdienst des AWW in Berlin ausgewählt. Und so kam es, dass die Delegation am 31.05.2018 zu einem Besuch beim ambulanten Hospizdienst des AWW eintraf.
„Nach dem dreistündigen Besuch, sprach mich Frau Yokoyama, die Gründerin und Chefin des Pflegeunternehmens ATO-KAI an, ob sie mich einladen könnte, um einige ihrer 600 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Sachen Sterbebegleitung fortzubilden“, erzählt Proksch. „Kurzentschlossen sagte ich zu.“
So fand dann im November 2018 der erste deutsche Ausbildungskurs in Sterbebegleitung in Japan statt. Der in Deutschland entwickelte Kurs, „Sterbende begleiten lernen“ (Celler Modell) ist für Menschen unabhängig von ihrer jeweiligen Weltanschauung konzipiert. Es geht dabei um die Begleitung und Gestaltung des Sterbens als Teil des Lebens. Eigentlich wird dieser Kurs für angehende Hospizhelfer in etwa sechs Monaten mit 3 bis 4 Stunden pro Woche durchgeführt. Für Japan musste das Ausbildungsprogramm nun auf 4 Schulungstermine von je einer Woche und jeweils 4 Einheiten eingedampft werden.
Die erste Ausbildungswoche war vom 19. bis 26.11.2018 im japanischen Hiroshima. „Für mich und wohl auch für die 13 Frauen und 2 Männer war es die erste intensive Begegnung dieser beiden Kulturen“, berichtet Aristide Proksch. „Sehr hilfreich war, dass die japanische Dolmetscherin seit 20 Jahren in Deutschland verheiratet ist und in beiden Kulturen zu Hause ist. Besonders beeindruckt hat mich die Freundlichkeit und Aufmerksamkeit der Teilnehmer. Weder fiel man sich ins Wort oder redete man durcheinander, sondern wartete ab, bis jemand zu Ende geredet hat, ehe man seinen eigenen Beitrag einbrachte. Dennoch sei die größte Herausforderung gewesen, ein gemeinsames Verständnis trotz Sprach- und Kulturunterschiede zu entwickeln“, erzählt Aristide Proksch.
Freilich sei die Spannung anfangs mit Händen zu greifen gewesen. Man war begierig, etwas Neues zu lernen und möglichst viel Wissen zu speichern. Erst nach und nach hätten die Teilnehmer gemerkt, dass es in diesem Kurs weniger um Wissensvermittlung geht als vielmehr um Selbsterfahrung und um das Erlernen und Trainieren einer guten Kommunikationsfähigkeit. Allmählich entspannte man sich, die Atmosphäre wurde lockerer und fröhlicher trotz der oft bedrückenden Themen um Tod und Sterben. Das Nachdenken über die eigene Endlichkeit, über den Wert von Zeit, Beziehungen, Abschied nehmen von den liebsten Menschen, mit denen sie emotional verbunden sind und unter Umständen viele Jahrzehnte gemeinsam gelebt haben, bewegte viel und brachte Emotionen zur Sprache, für die im Alltag der japanischen Gesellschaft kein Raum und keine Zeit vorgesehen sind.
Es waren viele kleine und große Emotionen, Fragen und Antworten, Lachen und Weinen, Verstehen und Staunen und das Gefühl der Zusammengehörigkeit über kulturelle Prägungen hinweg.
Am Ende der Woche stand die Erkenntnis, dass die ersten 4 Schritte (Wahrnehmen, Mitgehen, Zuhören, Verstehen) nur der Anfang gewesen sein konnten. Danach folgten zwei weitere Kurse und der letzte ist für Juni 2020 geplant.
„Die Dankbarkeit und die Beiträge der Teilnehmer und Teilnehmerinnen haben mich jedenfalls zutiefst berührt und bewegt“, so Aristide Proksch.

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